Nationalitätennennung bei Polizeimeldungen
von Markus Schaaf (Kommentare: 0)
JA zum Gegenvorschlag von Regierungs- und Kantonsrat – weil er vernünftig ist!

Die Volksinitiative der SVP will, dass bei allen Polizeimeldungen im Kanton Zürich die Nationalität genannt wird. Damit geht sie über die gängige Praxis von Kantonspolizei und Stadtpolizei Winterthur hinaus. Zudem soll gemäss der Volksinitiative auch darüber informiert werden, wenn die Täterschaft einen Migrationshintergrund hat. Diese Forderung ist problematisch; sie hätte eine rechtsstaatlich unhaltbare Unterscheidung zwischen gebürtigen und eingebürgerten Schweizerinnen und Schweizern zur Folge. Denn: Entweder verfügt eine Person über das Schweizer Bürgerrecht oder eben nicht - andere Varianten gibt es nicht. Wer fordert, dass bei Schweizer Bürgerinnen und Bürgern auch ein allfälliger Migrationshintergrund genannt werden muss, müsste dann auch definieren, wie weit der Stammbaum zurückverfolgt werden soll. Mein Vater wurde im Jahr 1965 als Deutscher eingebürgert, ich wurde ein Jahr später als Schweizer geboren: Müsste bei einer Polizeimeldung über mich demnach auch erwähnt werden, dass ich ein Schweizer mit Migrationshintergrund sei?
Auslöser für die Volksinitiative der SVP war ein Entscheid des damaligen Polizeivorstehers der Stadt Zürich, Richard Wolff (AL). Er befahl seiner Stadtpolizei, dass die Nationalität der Täterschaft nicht genannt werden darf. Wenn Medienschaffende allerdings nachfragen, erhalten sie die gewünschte Information trotzdem. Ausser zusätzlichem Aufwand für die Behörde und die Medienschaffenden bringt diese Lösung also nichts. Im Gegenteil: So wird erst recht Aufmerksamkeit erweckt.
Mit Überzeugung stimme ich für den Gegenvorschlag, den der Kantonsrat auf Antrag des Regierungsrates beschlossen hat. Dieser sieht vor, dass im ganzen Kanton Polizeimeldungen wieder einheitlich erfolgen sollen. Er orientiert sich an der bisherigen, bewährten Praxis der Kantonspolizei: Sie informiert aktiv über grössere Delikte von öffentlichem Interesse. Bei Straftaten werden die Nationalitäten der Beteiligten in der Regel genannt, bei Verkehrsdelikten nur bei groben Verstössen oder bei grossem öffentlichen Interesse (wie z.B. den Autoposern in Lindau).
Eine Polizeimeldung sollte den grösstmöglichen Informationsgehalt haben, und dazu gehört eben auch die Nationalität einer fehlbaren Person. Mit dem Gegenvorschlag erfolgt die Nennung, soweit es angebracht ist oder wo es aus Transparenzgründen von der Öffentlichkeit erwartet wird. Mit dem Gegenvorschlag besteht kein Zwang zur Nennung der Nationalität, und es ist damit keine Nennung des Migrationshintergrundes verbunden. Damit unterscheidet sich der Gegenvorschlag klar von der Volksinitiative.
Die, transparente Praxis der Kantonspolizei und der Stadtpolizei Winterthur hat sich in den letzten Jahren bewährt. Es gibt keinen Grund, davon abzuweichen. Es ist sinnvoll, wenn sich auch die Stadtpolizei Zürich dieser bewährten Haltung wieder anschliesst. Dass bei Schweizer Bürgern neu auch ein Migrationshintergrund genannt werden soll, schafft dagegen nicht nur juristische Probleme, es bedeutet auch eine unnötige Spaltung unserer Gesellschaft. Schweizer sind Schweizer – Punkt. Deshalb lehne ich die Volksinitiative der SVP ab und unterstütze den Gegenvorschlag.
So stimme ich:
1. Volksinitiative - NEIN
2. Gegenvorschlag von Regierungs- und Kantonsrat - JA
3. Stichfrage bei 2x JA: Vorlage B
